Interview Teil 1: Ziele & gesetzliche Vorgaben für das Bauwerksbuch

Das Fehlen eines (vollständigen) Bauwerksbuchs für Wiener Gebäude stellt einen Verstoß gegen geltendes Recht in Wien dar und bringt erhebliche Risiken mit sich – sowohl auf verwaltungsrechtlicher als auch auf zivil- und versicherungsrechtlicher Ebene.
Bauwerksbuch Interview Hasanović Teil 1

Ich verantworte bei der IFS als Teamleiter die Bereiche Energieausweis und Bauwerksbuch. Als zertifizierter Objektsicherheitsprüfer koordiniere ich mit meinem IFS-internen Expertenteam die Erstellung von Bauwerksbüchern seit 2016.

Memsur Hasanovic

Bitte erklären Sie kurz zu Beginn, was ein Bauwerksbuch ist.

Ein Bauwerksbuch ist eine digitale Gebäudedokumentation, in der die wesentlichen Unterlagen und Daten eines Gebäudes strukturiert zusammengefasst und laufend aktualisiert werden. Dazu zählen:

  • Bau- und Bewilligungsunterlagen
  • Planunterlagen
  • Prüfbefunde
  • Dokumentationen zu regelmäßig durchzuführenden Sicherheitsüberprüfungen
  • Sanierungsmaßnahmen, die nicht anzeigepflichtig sind und daher nicht im Bauakt der MA 37 vermerkt, jedoch für die Erhaltung des Gebäudes wesentlich sind.

Welches Ziel verfolgt das Bauwerksbuch?

Als fortlaufend zu führendes Dokument verfolgt das Bauwerksbuch das Ziel, den baulichen Zustand und die Sicherheit einer Liegenschaft vollständig und nachvollziehbar darzustellen.

Welche Funktion erfüllt das Bauwerksbuch für Gebäudeeigentümer?

Für Eigentümer stellt es ein zentrales Management- und Nachweisinstrument dar, in dem alle relevanten Informationen zum Gebäudezustand gebündelt und bei Bedarf rasch abrufbar sind.

Durch diese strukturierte Aufbereitung lassen sich die gesetzlich vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten jederzeit eindeutig dokumentieren.

Im Falle behördlicher Überprüfungen oder bei Schadensfällen kann mithilfe des Bauwerksbuchs schnell nachgewiesen werden, dass alle erforderlichen Kontrollen seitens des Eigentümers durchgeführt und Instandhaltungsmaßnahmen rechtzeitig gesetzt wurden. Dies trägt wesentlich dazu bei, Verwaltungsstrafen und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Welche gesetzlichen oder normativen Grundlagen gibt es für Bauwerksbücher in Österreich?

Im Bundesland Wien ist das Bauwerksbuch in der Bauordnung für Wien (BO für Wien) gesetzlich verankert. Die Bauordnung für Wien (BO für Wien) sieht in § 128a vor, dass für bestimmte Gebäude ein Bauwerksbuch zu erstellen und laufend zu führen ist. Diese Verpflichtung wurde mit der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 33/2014 eingeführt und trat mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Mit der Bauordnungsnovelle 2023 wurde die Verpflichtung deutlich ausgeweitet: Eigentümer von Gebäuden mit Baujahr vor 1919 sind nun verpflichtet, bis spätestens 31. Dezember 2027 ein Bauwerksbuch zu erstellen und bei der Behörde registrieren zu lassen. Für Gebäude aus dem Zeitraum 1919 bis 1945 gilt eine Frist bis zum 31. Dezember 2030.

Außerhalb Wiens besteht derzeit keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Führung eines Bauwerksbuchs.

Zusammengefasst stützt sich das Bauwerksbuch auf eine verbindliche rechtliche Grundlage in Wien sowie auf österreichweit etablierte technische Standards, die als Maßstab für sichere, nachhaltige und rechtlich abgesicherte Gebäudebewirtschaftung dienen.

Was droht Eigentümern oder Betreibern, wenn sie kein oder ein unvollständiges Bauwerksbuch vorweisen können?

Ein Verstoß gegen die Bauwerksbuchpflicht kann in Wien weitreichende rechtliche und finanzielle Folgen haben. Wird kein Bauwerksbuch geführt oder liegt nur eine unvollständige Dokumentation vor, handelt es sich um eine Verwaltungsübertretung gemäß der Bauordnung für Wien. In solchen Fällen ist die Verhängung von Geldstrafen durch die Behörde möglich.

Darüber hinaus steigt das zivilrechtliche Haftungsrisiko erheblich. Kommt es etwa zu einem Unfall oder Schaden am Gebäude – beispielsweise durch herabfallende Fassadenteile, fehlende Absturzsicherungen oder unterlassene Wartungsmaßnahmen – und kann der Eigentümer keine lückenlose Dokumentation der Prüf- und Instandhaltungsmaßnahmen vorlegen, kann ihm eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gemäß ABGB zur Last gelegt werden. Im Extremfall kann dies sogar als grobe Fahrlässigkeit eingestuft werden.

Auch im versicherungsrechtlichen Kontext ist ein fehlendes oder unvollständiges Bauwerksbuch höchst problematisch. Im Schadensfall könnten daher notwendige Nachweise über die ordnungsgemäße Instandhaltung fehlen, mit der Folge, dass es zu Leistungskürzungen oder einer vollständigen Leistungsverweigerung durch die Versicherung kommen kann.

Zudem ist zu beachten, dass die zuständige Behörde in Wien das Bauwerksbuch jederzeit einsehen darf und regelmäßig stichprobenartige Kontrollen durchführt. Wird im Zuge einer Überprüfung kein Bauwerksbuch vorgelegt, kann der Eigentümer zur unverzüglichen Nachreichung aufgefordert werden. Bis zur Vorlage kann es zu behördlichen Auflagen, Verfügungen oder im Einzelfall sogar zu einer Nutzungsuntersagung einzelner Gebäudeteile kommen.

Kontaktieren Sie uns gerne für ein Beratungsgespräch – damit Sie rechtzeitig Ihre Bauwerksbücher fertig haben.

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